Ich arbeite schon seit zwei Jahrzehnten als Sprachlehrer, aber erst vor ein paar Jahren habe ich vollständig realisiert, dass ich mich auf Sprachenlernen auch als Haupthobby konzentrieren möchte.
Woher kommt diese Leidenschaft? Ich betrachte Sprachenlernen als ein Mittel, das hilft, die Welt und die Menschen kennenzulernen, und wir können dadurch auch ein besseres Verständnis von anderen Kulturen erreichen. Als ich noch wenige Sprachen kannte, hat es mich schon fasziniert, wie man auf "die andere Seite" hinübergehen könnte, um zu verstehen, was für Gefühle und Gedanken die Einheimischen im Bezug auf ihre eigene Kultur haben. Allerdings treibt mich dies immer noch beim Sprachenlernen voran.
Englisch und Deutsch lerne ich am längsten. Japanisch habe ich aber erst später begonnen zu lernen, weil ich mich schon aktiv mit der Kultur auseinandergesetzt hatte, aber wagte nicht, die Sprache zu lernen. Jetzt finde ich das Lernen vom Japanischen wahnsinnig spannend: einerseits deswegen, dass ich die Kultur jetzt aus erster Hand erfahren kann; andererseits sind in ihr grammatikalische Konzepte vorhanden, die in Europa völlig unbekannt sind.
Dann ist in meinem Leben Slowakisch angekommen, und diese Wahl war auch für mich etwas überraschend. In bin Ungar, und es ist in meinem Land leider ungewöhnlich, die Sprachen von Nachbarländern zu lernen (ausgenommen die Weltsprache Deutsch). Noch dazu - ehrlich gesagt - habe ich slawische Sprachen lange für fremd und unfreundlich gehalten. Wie dumm ich war, und voll mit Vorurteilen!
Meine eingeschränkte Denkweise wurde von einem Besuch in Bratislava komplett zerstört: obwohl ich gedacht hatte, dass viele Slowaken die Ungarn nicht mögen, bin ich in der Nachbarhauptstadt einer Menge Freundlichkeit begegnet. Viele Slowaken, die ich getroffen habe, versuchten, mich auf Ungarisch anzureden. Ich glaube, dies gilt als die höchste Form von Gastfreundschaft.
Genau dieses Erlebnis hat mir dazu angetrieben, Slowakisch zu lernen, damit ich auf solche Freundlichkeit gleichermaßen reagieren kann. Darüber hinaus, ist mir bei einem Museumsbesuch klar geworden, wie viele gemeinsame Punkte es in den Geschichten von Ungarn und der Slowakei gibt. Dennoch beherrschen nur wenige Ungarn die slowakische Sprache, so können wir uns mit unseren Nachbarn kaum verständigen, oder lediglich durch Englisch.
Kurz gefasst, ich glaube, dass es viele Motivationen gibt, die uns beim Sprachenlernen vorantreiben, und die können abhängig von der Sprache und der Lebensperiode sehr unterschiedlich sein.
Liebe LeserInnen, bitte lasst mich wissen:
Wie wählt ihr die Sprachen, die ihr lernen möchtet?
Habt ihr schon mal eine Sprache gewählt, die euch selbst überrascht hat?
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Wow! Dein Deutsch ist schon richtig gut!! Und sehr cool, dass du auch Slowakisch und Japanisch lernst. Neue Sprachen zu lernen ist immer ein guter Weg, um mehr über die Welt zu lernen :)
Mir geht's mit slawischen Sprachen etwa ähnlich. Ich hatte irgendwie niemals Lust, eine davon zu lernen. Wahrscheinlich liegt es daran, dass sie für mich weniger "exotisch" sind und daher weniger Interesse wecken. Jetzt aber bin ich ziemlich oft in Tschechien und der Slowakei unterwegs, um Freunde zu besuchen, und Schritt für Schritt kommt dieses Interesse doch :)
Bis auf Engslisch, das in der Schule für mich "ausgewählt" wurde, habe ich alle anderen Sprachen, die ich später gelernt habe, aus praktischen Gründen ausgewählt - entweder befand ich mich in dem Land, in dem man die Sprache sprach, oder plante einen Umzug dorthin (auch wenn dieser dann nicht stattfand). Nun befinde ich in der Deutschschweiz, habe jedoch trotzdem viele Berührungspunkte mit den Französichsprechenden, deswegen habe ich neulich auch Lust bekommen, Französich zu lernen. Die Idee, die Sprachen der Nachbarländer zu lernen, finde ich sehr sympathisch. Wahrscheinlich macht es Sinn, zuerst bzw. als die erste Fremdsprache eine häufigere Sprache zu lernen, aber als die zweite oder dritte wäre es gar nicht schräg.
Ich wähle meine Sprache nach Interesse und nach den Menschen mit denen in der Lage sein möchte zu sprechen. Das erklärt auch, was ich an Polnisch und Schwedisch gescheitert bin, denn ich hatte bei beiden Sprachen nur die Idee im Kopf, dass es cool wäre diese Sprachen zu sprechen. Die tiefere Motivation hat gefehlt. Der Mensch oder die Menschen zu den Sprachen haben gefehlt.
@Tobias , @LiubovVasilyeva , dankeschön für die Korrekturen! Ich finde es auch, dass Sprachenlernen uns die Welt am effektivsten öffnet, weil wir dann alles aus erster Hand erfahren können. Noch dazu lernt man auch, die gleiche Situation von mehreren Perspektiven zu betrachten.
@LindasLinguas , bei mir sind auch die Menschen an der ersten Stelle, was die Motivation betrifft. Als ich in der Schule Englisch und Deutsch von Büchern gelernt habe, haben mich zwar die Sprachen begeistert, aber beim Sprechen fehlte mir die Selbstsicherheit. Die Lösung war, nach Österreich zu fahren, und während der Reise so viele Menschen wie möglich anzureden. Hauptsache ist, dass jeder den Typ von Motivation findet, der ihm am besten passt.
@polyglotsparadise Das ist eine sehr interessante Methode! Hast du mit den Österreichern Hochdeutsch gesprochen? Ich hab gehört, dass sie das nicht so gern haben. Was war deine Erfahrung?