Moderne Mumien: sind wir bereit für die Kryonik?
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Moderne Mumien: sind wir bereit für die Kryonik?

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Was ist genau betrachtet ein lebendiger Mensch? Woraus besteht sein Leben und was unterscheidet ihn von einer Leiche? Auf solche Fragen sind kaum Antworten zu finden. Die heutige Medizin scheint dennoch einen Hoffnungsschimmer gesehen zu haben. Kann es doch das Licht am Ende des Tunnels löschen?

Das Einfrieren eines Organs als Mittel zu dessen Konservierung ist bereits eine bewährte Methode. Sobald dies zu einem herkömmlichen Prozedere wurde, kam auch die Frage nach der Möglichkeit auf, den ganzen Körper auf ähnliche Weise einzufrieren und ihn ohne irgendeinen Defekt bis zur baldigen und künftigen Auftauung aufzubewahren. Der gefrorene, todesähnliche Schlaf lockte betuchte Moribunden, die sich in die Händen der Zukunftsdoktoren legten, darauf hoffend, dass sich die Technik der Medizin zur Auftauungszeit schon gut genug entwickelt haben würde, um ihre quasi toten Körper ins damalige Leben bringen.

Ob dies wirklich funktioniert, ist jedoch fraglich. Aber bevor diese Frage beantwortet wird, müssen andere Aspekte der Kryotechnik noch geklärt werden. Welche Rechte stehen den tiefgefrorenen Schlafenden zu? Da ihr Zustand mit dem Tod nicht zu verwechseln ist, gelten sie ja als lebendige Menschen, deren Rechte und Pflichten identisch mit denen, die wachen, sind. Anscheinend muss man auch unser heutiges Rechtssystem wieder aufleben lassen und einen neuen Zwischenzustand in Betracht ziehen. Gefragt wird nicht nur, welche Rechte die Eingefrorenen haben, sondern auch wer das Recht zur Einfrierung hat. Die unmittelbare Unterscheidung erfolgt natürlich durch die Investitionskapazität des Einzelnen: Wer dafür zahlen kann, kauft sich ein Ticket bis in die Zukunft. Diejenigen, die bleiben, weil sie es sich nicht leisten konnten, müssen nicht nur einen unentrinnbaren, natürlichen Tod sterben, sondern auch die Aufbewahrung der vermögenden Eingefrorenen bezahlen. Auch auf sozialer Ebene erschließen sich keine Lösungen für die Probleme der Kryotechnik: In was für einer Gesellschaft werden die Aufgetauten leben? Die Anpassung an die künftige Gesellschaft wird desto schwerer, umso länger die Konservierungsperiode ist, bis zum Punkt, an dem man seine eigene Familie nicht mehr erkennt, geschweige sein Land und seine Welt.

Zusammenfassend können wir uns fragen, ob wir heute sowohl technisch als auch ethisch betrachtet bereit sind, andere Menschen bis in die Zukunft einzufrieren. Bis zur Findung einer passenden Antwort werden wir vielleicht die Hoffnung auf eine aufgetaute Ewigkeit auf Eis legen.

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