Assistierter Suizid
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Assistierter Suizid

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Im Februar 2020 traf das Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung zum assistierten Suizid.  Laut diesem Urteil hat jeder die Freiheit, sich das Leben zu nehmen und Hilfe dabei zu bekommen.  Vorher war „geschäftsmäßige“ Sterbehilfe illegal.  (Sogenannte geschäftsmäßige Sterbehilfe ist was Dignitas und andere solche Verbände ihren Mitgliedern anbieten. Wer dieses Gesetz verletzt, könnte mit bis 3 Jahre Haft zu rechnen).  Gemäß dem neuen Urteil ist assistierter Suizid erlaubt.  Das heißt, dass der Sterbewillige Angehörige, Bekannte oder Ärzte bitten darf, ihm eine tödliche Substanz zu beschaffen, aber das Gift muss der Sterbewillige selbst nehmen.  In Deutschland darf jedoch niemand jemandem eine Giftspritze verabreichen. Töten auf Verlangen bleibt verboten.

Das Gericht erklärte, dass jeder selbst bestimmen darf, wann, aus welchem Grund und wie er aus dem Leben scheidet.  In der Tat hat der deutsche Verein Sterbehilfe solche Hilfe ungefähr hundertmal im letzten Jahr (seit dem Urteil) erteilt.  In Ermangelung offizieller Vorgangsregelungen von dem Gesundheitsministerium verwendet der Sterbehilfeverein ihre eigenen vorübergehenden Maßnahmen.  Jeder Hilfssuchende wird von einem unabhängigen Gutachter untersucht, um zu bestimmen, ob er aus freien Stücken handelt, die Tragweite seines Entschlusses überlegt und eine dauerhafte, feste Entscheidung (keine Kurzschlussreaktion) trifft. 

Der Leiter des deutschen Hospiz und Palliativmedizin Verbandes äußert Bedenken zu dem Urteil des Gerichts.  Er steht auf Palliativmedizin und betont, dass todkranke Menschen nicht zu leiden brauchen.  Wirksame Interventionen gegen Luftnot, Schmerzen und Übelkeit können jetzt verwendet werden.  Psychosoziale Begleitung spielt auch eine wichtige Rolle in der Versorgung der Sterbende.  Ganz am Ende kann sogar eine sogenannte palliative Sedierung angewandt werden.   Seiner Meinung nach ist assistierter Suizid nicht nötig, um einen Tod in Würde zu erreichen.    

Das Gesundheitsministerium sucht Meinungen von Interessengruppen, hat aber noch keinen Gesetzentwurf für Sterbehilfe veröffentlicht. Die Regelung ist verständlicherweise eine Gratwanderung, weil das Gesetz einerseits Sterbehilfe grundsätzlich ermöglichen muss, aber anderseits Missbrauch verhindern soll.  Ein neues Gesetz könnte z. B. Wartezeiten setzen, medizinische (inklusive psychiatrische) Gutachten benötigen, das Berufsrecht von Mediziner bei Sterbehilfe klären und weitere Voraussetzungen aufschreiben.  Das Ministerium muss jedoch das Rad nicht neu erfinden, denn andere europäische Länder und Bundesstaaten in den USA haben über die Jahre Erfahrungen mit solchen Gesetzen und Vorgängen gesammelt.   Oregon z. B. hat seit 1994 ein „Death with Dignity“ Gesetz gehabt.  Langzeitstudien dort zeigen Folgendes:  1) Das Sterbehilfegesetz führt nicht zu einem „Dammbruch“ von Suiziden. 2)  Obwohl relativ viele sich für Sterbehilfe interessieren, bleibt die Häufigkeit von assistierten Suiziden dauerhaft gering.  3) Sozialer Druck auf Benachteiligte ist nicht festzustellen. 4) Das Vertrauen in der Ärzteschaft und der Qualität der Medizin bleibt unvermindert.   5) Die palliative Versorgung hat sich verbessert.   (Gegner von Sterbehilfegesetzen haben solche Bedenken geäußert.) 

In der Tat finden viele Menschen, dass die Möglichkeit, Sterbehilfe zu verlangen, wenn sie todkrank wären, ein beruhigender Gedanke ist.  Sie sind erleichtert, diese Möglichkeit zu haben, wenn ihre Schmerzen oder andere Leiden nicht weiter auszuhalten wären. Erst ein kleiner Bruchteil der eingeschriebenen Mitglieder von Sterbehilfevereinen benutzen am Ende diese Maßnahmen, aber die Möglichkeit, die zu haben, bereitet ihnen Seelenruhe.

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