Kurz nachdem ich in meiner aktuellen Wohnung eingezogen war, habe ich ein Phänomen erlebt, das mich ein paar Wochen lang regelmäßig in der Mitte der Nacht aufgeweckt ließ. Hier ist die Geschichte.

Die Wohnung ist mit einer üblichen Gegensprechanlage ausgestattet, die klingt wie ein Telefon, wenn jemand vor dem Eingang des Gebäudes die Nummer meiner Wohnung wählt. Diese Anlage gibt aber auch ein kürzeres akustisches Signal, wenn jemand die Tür zum Gebäude mit einem Code öffnet. Dieses Signal ist leiser, aber hörbar. Vielleicht ist man immer in einer neuen Wohnung mehr als üblich für Geräusche sensibel. Jedenfalls schon in der ersten Nacht wurde ich gegen halb vier morgens mit diesem subtilen Ton der Gegensprechanlage geweckt.

Das erste Mal war ich mir nicht sicher, was genau ich gehört hatte oder ob ich diesen Ton einfach nicht geträumt hatte. Als sich jedoch dasselbe in den nächsten Tagen wiederholte, wurde ich mehr und mehr beunruhigt. Was geschah? Warum benutzte ein Unbekannter meinen Zugangscode jede Nacht zwischen drei und vier Uhr morgens, um ins Gebäude einzutreten? Er ließ nichts in meinem Briefkasten, nichts auf der Fußmatte. Manchmal konnte ich nach dem Klingeln nicht mehr einschlafen. Ich wälzte mich im Bett hin und her, und mutmaßte über die möglichen Szenarien. War es ein Nachbar, der aus seiner Nachtschicht zurückkommt und den Code eines Fremden benutzte, um seine Frau nicht aufzuwecken? War es ein Obdachloser, der einmal beobachtet hatte, als der frühere Mieter den Code auf der Tastatur ausgewählt hatte, und jetzt benutzte es, um eine momentane Zuflucht zu finden? Oder war es der frühere Mieter selbst, der sich in einer Nachbarin verliebt hatte und jede Nacht zurückkam, um sie aus einem Fenster des Treppenhauses zu beobachten?

Chronisch unausgeschlafen, informierte ich letztendlich die Hausverwaltung und forderte, dass der Code geändert würde. Sie haben mir aber geantwortet, dass der für die Gegensprechanlage verantwortliche Techniker aktuell auf Urlaub war und nicht in den nächsten zwei Wochen zugänglich würde. Sie sagten, ich sollte geduldig sein.

Jeden Tag, wenn ich wegen der nächtlichen Störung müde blieb, dachte ich sauer an den Tag meiner Rache, wenn der nächtliche Gast an der Tür stehen und vergeblich immer wieder den Code eingeben würde. Gleichzeitig verspürte ich einen Stich des Bedauerns, dass ich es vielleicht nie erfahren würde, was genau in meinem Gebäude geschah. Inzwischen habe ich mich an das nächtliche Klingeln so gewöhnt, dass ich es schon erwartete und oft noch ein paar Minuten vor dem Ton aufwachte.

Eines Nachts war ich schon wach, als es um halb vier klingelte und ich beschloss, nach unten zu laufen und dem Eindringling entgegenzutreten. Ich schlüpfte in Eile in meinen Schlafrock, zog Flip-Flops an und lief hinunter. Am Treppenhauseingang war niemand da. Das Gebäude war leise und draußen war es noch dunkel. Ich nahm an, dass der Fremde schon nach oben gegangen war, in ein höheres Stockwerk, aber würde bald wieder herunterkommen. Tatsächlich hörte ich kurz darauf schnelle Schritte auf der Treppe.

(Fortsetzung folgt)