In diesem Beitrag geht es um die „geometrische Optik“, welche auch als „Strahlenoptik“ bezeichnet wird.
Optische Phänomene wie die „Reflexion“ und die „Brechung“ von Lichtstrahlen können mit der geometrischen Optik beschrieben und sogar hergeleitet werden. Dabei ist die geometrische Optik die einfachste der physikalischen Lichttheorien, welche aus diesem Grund viele Lichtphänomene ungeklärt lässt. Eine modernere Lichttheorie ist die „Wellenoptik“ (oder „physikalische Optik“). Die Wellenoptik enthält die geometrische Optik als Grenzfall. Dementsprechend ist die Optiktheorie, welche wir hier besprechen werden, in einem gewissen Gültigkeitsbereich immer noch sinnvoll. Darüber hinaus sind die in diesem Text dargestellten Aussagen der geometrischen Optik in der Wellenoptik immer noch gültig. Mit anderen Worten: Die geometrische Optik ist zwar nicht allgemein genug, ihre Aussagen sind jedoch von allgemeinerer Bedeutung.
Die geometrische Optik behandelt nicht das Wesen oder die Beschaffenheit des Lichtes, sondern lediglich seine Ausbreitung. Die Erzeugung von Licht wird darin nicht erklärt. In der geometrischen Optik werden Strahlenbündel behandelt. Dabei wird angenommen, dass sich das Licht entlang einer mathematischen Geraden im dreidimensionalen Raum ausbreitet. Die Geschwindigkeit des Lichtes wird dabei nicht betrachtet (allein der Gedanke an die „Geschwindigkeit des Lichtes“ ist schon ein moderner Begriff). Insofern ist die geometrische Optik, begrifflich betrachtet, ganz anders geartet als die klassische Mechanik: Die Begriffe der Mechanik sind wesentlich anschaulicher und (mit den menschlichen Organen) fassbarer als die der Optik. Dieser Umstand hat aber auch als positive Konsequenz, dass die mathematische Beschreibung (der mathematische Apparat hinter der Formulierung der Theorie) wesentlich einfacher ist. In der Mechanik ist ein Verzicht auf die Differential- und Integralrechnung gar nicht möglich, in der geometrischen Optik aber schon. Eigentlich sagt der Name hinter der Theorie alles, was man dafür braucht: Geometrie. Und selbst das ist sehr übertrieben. Von grundlegender Bedeutung sind dabei nur die trigonometrischen Funktionen (vor allem die Sinusfunktion).
Wiederum anders gesagt: Die geometrische Optik behandelt keine zeitlichen Effekte. Der Lichtstrahl ist etwas Statisches. Das Studienobjekt dieser Physikdisziplin ist die Richtung des Lichtstrahles, nicht der Lichtstrahl an sich.
Im alltäglichen Leben sehen wir normalerweise keine Lichtstrahlen, also keine rein mathematischen Linien im Raum, welche darüber hinaus auch noch für alle Ewigkeit vor uns schweben. Ein Gegenbeispiel (von kurzer Dauer) könnte das Durchdringen von Licht in eine Wolke sein. Das Ergebnis daraus sind gerade Linien (die nur aufgrund der Perspektive nicht parallel zueinander aussehen), also (näherungsweise) Lichtstrahlen im mathematischen Sinne.
Für kontrolliertere optische Experimente im Rahmen der geometrischen Optik muss man zuerst die „Blende“ erfunden haben. Eine Blende ist eben nur dazu da, den Querschnitt eines Strahlenbündels zu verkleinern, damit dieses als Lichtstrahl betrachtet werden kann. Isaac Newton zum Beispiel hatte im 17. Jahrhundert keine Blende zur Hand, also hat er einfach ein kleines Loch in die Wand eines ansonsten geschlossenen Raumes (mit einem Bohrer aus dem Baumarkt) gebohrt und so konnte er mit dem Sonnenlicht und einem Prisma spielen und dabei die Zerlegung des Lichtes in Spektralfarben entdecken. Wäre Newton ein Zeitreisender aus der Zukunft gewesen, hätte er einfach einen Laser mitnehmen können, um das Ganze etwas zu vereinfachen (Übung: Finde den Argumentationsfehler!).
Die zwei wichtigsten Aussagen der geometrischen Optik sind das „Reflexionsgesetz“ und das „Brechungsgesetz“. Beide Gesetze können an derselben physikalischen Situation experimentell beobachtet werden. Man braucht dafür eigentlich nur zwei (homogene) Medien und einen Lichtstrahl. Die üblichen Beispiele für die zwei Medien sind Luft und Wasser bzw. Luft und Glas. An der Grenzfläche zwischen den beiden Medien (an dem genauen Punkt, wo der Lichtstrahl auf die Fläche trifft, also im sogenannten „Lotfußpunkt“) bilden sich aus dem einfallenden Lichtstrahl jeweils ein reflektierter Strahl (im selben Medium) und ein zweiter Strahl, der transmittierte Strahl (im zweiten Medium). Es gibt insgesamt also drei Lichtstrahlen, welche auf derselben mathematischen Ebene liegen. Diese gemeinsame Ebene wird sehr einfallsreich als „Einfallsebene“ bezeichnet. Es gibt nun für jeden der zwei neuen Strahlen ein physikalisches Gesetz:
(1) Der „reflektierte“ Strahl ist symmetrisch mit dem einfallenden Strahl bezüglich der senkrechten Geraden durch den Lotfußpunkt auf der Einfallsebene (der sogenannten „Normalen“). Mit anderen Worten: Falls die Oberfläche zwischen den beiden Medien flach ist (glatte Grenzfläche) und horizontal steht, dann ist die „senkrechte Gerade durch den Lotfußpunkt auf der Einfallsebene“ einfach eine vertikale Linie. Der Winkel des reflektierten Strahls bezüglich dieser vertikalen Linie ist gleich mit dem Winkel des einfallenden Strahls bezüglich derselben Linie. Diese etwas verkomplizierte Beschreibung ist eigentlich ziemlich intuitiv, denn beide Strahlen befinden sich im selben Medium bzw. Material (durchdringen z. B. die Luft) und aus Symmetrieüberlegungen wäre ja auch nichts anderes zu erwarten. Der Lichtstrahl macht sozusagen nur einen kleinen Knicks am Treffpunkt mit der Oberfläche und geht weiter. Das ist das Reflexionsgesetz.
(2) Der „gebrochene“ (oder „transmittierte“) Strahl ist nicht symmetrisch mit dem einfallenden Strahl, sondern bildet einen (betragsmäßig verschiedenen) Winkel mit der „Normalen“. Der Winkel des gebrochenen Lichtes ist abhängig von den materiellen Eigenschaften des Mediums. Mit anderen Worten: Je nach Material ist zu einem bestimmten Einfallswinkel ein anderer Winkel des transmittierten Strahls zu erwarten. Auch dies ist physikalisch intuitiv zu verstehen, liefert jedoch keine mathematische Beziehung zwischen den beiden Strahlen. Diese Beziehung ergibt sich erst, wenn man den Einfallswinkel ändert. Trifft das Licht nun plötzlich die Oberfläche in einem anderen Winkel, so ändert sich ebenfalls der Winkel des gebrochenen Strahles. Die Aussage des Brechungsgesetzes ist also eine mathematische Aussage über das Verhältnis der beiden Winkel zueinander. Stellen wir uns zum Beispiel vor, dass wir den Einfallsstrahl zuerst ganz senkrecht zur Oberfläche (vertikal, mit einem Winkel von 0 Grad zur Normalen) halten und dann kontinuierlich drehen bis zu einem Winkel von 90 Grad zur Normalen (horizontal, überlappend mit der Grenzoberfläche). Dabei messen wir gleichzeitig (nun, nacheinander) den Einfallswinkel und den Winkel des gebrochenen Strahls. Es ergibt sich nun (überraschend), dass für alle Messpaare stets die gleiche mathematische Gleichung (Beziehung) gilt: Die Sinusse (was für eine bescheuerte Pluralbildung) der beiden Winkel sind zueinander proportional. Oder anders gesagt: Das Verhältnis (die Division) der Sinusse der beiden Winkel ist immer konstant. Falls man die beiden Winkel mit α und β notiert (jetzt spreche ich Griechisch!), lautet die empirisch nachgewiesene Formel: sin(α)/sin(β) = konstant. Das ist das Brechungsgesetz.
Die Konstante im Brechungsgesetz ist eine Eigenschaft der beiden Medien. Die geometrische Optik kann darüber keine Aussagen machen (es ist an dieser Stelle nicht klar, was sie eigentlich genau ist). Erst in der Wellenoptik ist ein weiterer Zusammenhang ersichtlich (extra Info für besonders Interessierte folgt): Konkret handelt es sich dabei um das Verhältnis der beiden Brechungsindizes. Der „Brechungsindex“ eines (homogenen) Mediums ist eine dimensionslose Zahl (eine mathematische Zahl ohne zugehörige physikalische Einheit) und ergibt sich aus dem Verhältnis der Lichtgeschwindigkeit (im Vakuum) zur Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichts im Medium. Der Brechungsindex ist gleich 1 im Vakuum und größer 1 in einem beliebigen Medium. Beispielsweise hat Wasser einen Brechungsindex von ca. 1,33 (der Wert ist temperaturabhängig) und Quarzglas einen Wert von 1,46.
Ein (schöner) physikalischer Effekt des Brechungsgesetzes ist das „Snelliussche Fenster“ (engl. „Snell's window“). Ein Taucher unter Wasser (logisch), welcher nach oben schaut, sieht die „äußere Welt“ (also die Halbkugel im Luft-Medium) als Kegel. Die Region außerhalb des Kegels ist völlige Dunkelheit. Die physikalische Erklärung dafür besteht darin, dass es im Brechungsgesetz für den maximalen Einfallswinkel von 90 Grad einen bestimmten (maximalen) Winkel im zweiten (dichteren) Medium gibt (den sogenannten „kritischen Winkel“). Im dichteren Medium (in diesem Fall also im Wasser) ist der Bereich der möglichen Winkel also mathematisch begrenzt. Das nennt sich Totalreflexion.
Die beiden hier besprochenen Gesetze der geometrischen Optik reichen aus, um die Lichtausbreitung durch Linsen, Teleskope, Brillen und Kameras zu beschreiben. Dafür sind zunächst extra Begriffe wie „Brennpunkt“, „Brennebene“, usw. nötig. Die entsprechenden Formeln sind jedoch stets aus den hier beschriebenen Gesetzen ableitbar. Die physikalischen Phänomene der Reflexion und der Brechung sind dementsprechend innerhalb der geometrischen Optik von grundlegender Bedeutung.
Guten Morgen! Ich dachte, heute sei Pause =D Aber ich will mich nicht beschweren. Ich hab mich heute in den (ziemlich grässlichen) Physikraum in meiner Schule zurückversetzt gefühlt und mich an unsere Experimente erinnert. Dementsprechend konnte ich der heutigen Physikstunde auch problemlos folgen, es lag also vorgestern nicht an deinem Text, sondern am Thema ;) Bin gespannt, was in Teil zwei folgt, oder hast du den Text jetzt doch nicht aufgeteilt?
Guten Morgen, Caro! Das freut mich zu hören (lesen). Ich habe den Text nicht aufgeteilt, aber das ist erst der erste Teil. Den zweiten muss ich noch schreiben... (Ist aber kein Schulstoff mehr. Das hier ist also sozusagen die Eintrittskarte :)).
Das hießt, beim nächsten Mal wirds wieder anstrengend. Gehts dann um Wellenoptik?
Tja, Caro, das verrate ich jetzt nicht. Wie war das mit der Vorfreude? ;)
Ach man, dann übe ich mich jetzt etwas in Geduld. Schadet mir nicht.
Vorfreude ist tatsächlich die schönste Freude. Aber bitte lass uns nicht zu lange warten. Irgendwann schlägt es sonst in Frust um :D
Jetzt fühle ich mich erst recht nicht gestresst.
Das war natürlich überhaupt nicht beabsichtigt 😏
Okay, der Text für morgen ist doch fertig. Ich wollte sogar etwas vorarbeiten damit ich etwas mehr Luft habe, aber das war doch zu viel erwartet. Das heißt, morgen ergibt sich für mich wieder die Frage, ob ich überhaupt dazu komme. Und täglich grüßt das Murmeltier (toller Film). Da wären wir wieder bei den Zeiteffekten! :D
Yay! Ich bin gespannt! :D Der Film ist echt gut. Hat mir als Kind aber irgendwie Angst gemacht xD Auch wenn ich mich jetzt gerade nicht erinnern kann, woran das lag. Ich sollte meine Erinnerung demnächst mal auffrischen und ihn mir nochmal anschauen :D
Habe den Beitrag gerade erst gefunden und war erst mal schockiert, dass er 88 Kommentare hatte, dann hab ich die langen Threads gesehen ^^ Muss gleich mal nachschauen, wie viel mehr Kommentare der Beitrag nun hat. --> 105
123 🎉
@Linda: ohne Chat Funktion muss man sich eben anders behelfen 😄 (wird das 124?)
Nein, mittlerweile sind wir (mit diesem Kommentar) bei 133 ...
Das ist wie so ne kleine Gruppe hier, das gefällt mir :D Ob ab einer Anzahl von Kommentaren der Zähler überläuft?
Es gefällt mir auch sehr gut, muss ich zugeben. So, um den Tag abzurunden lasse ich hier einen (kleinen) Hinweis auf die nächsten zwei Themen: https://youtu.be/yTQAPJjEvCg?t=25. P.S: Warum schreibe ich es HIER und nicht beim heutigen Thema? Keine Ahnung.
@Linda: wir könnten es ja mal versuchen ... =D @Eduard: geht es wieder um etwas, das niemand versteht? =D
Caro: Warum schreibst du HIER? :D Der Post ist mit 144+1 Kommentaren so ziemlich groß geworden. Außerdem war das der Kommentar von GESTERN für den HEUTIGEN Text. Du hat den ja schon gelesen! [Und ich hätte nie "Das versteht niemand" zu dir sagen sollen, wie ich sehe ;)]
Weil ich etwas verwirrt war, hatte den Kommentar erst in der E-Mail heute abend gelesen ^^' Und ja, mit "das versteht niemand" kann ich nicht gut leben =D So, vielleicht sollten wir die Kommentarspalte hier mal schließen ...