In den Osterferien sind wir nach Rom gereist. Sobald wir dort ankamen, besuchten wir ein Café. Wir haben das Essen in einer Mischung aus Italienisch und Englisch bestellt, weil mein Mann kein Italienisch spricht und mein Italienisch noch nicht aus dem Winterschlaf erwacht war.
Plötzlich, als der Kellner wissen wollte, wie viele Aperol wir möchten, antworteten mein Mann und ich gleichzeitig auf Deutsch mit „Zwei!“. Als ich dann auf die Toilette ging und gefragt wurde, ob ich diese suchte, antwortete ich aus irgendeinem Grund auf Russisch. Also mein Kopf war ein komplettes Durcheinander an Sprachen.
Ein paar Tage später begann mein Gehirn endlich zu realisieren, dass ich mich in Italien befand, und holte meine Italienischkenntnisse aus der hintersten Ecke meines Gedächtnisses hervor. Vor etwa 10 Jahren hatte ich aktiv Italienisch gelernt und vermutlich ein C1-Niveau erreicht. In den letzten Jahren hatte ich jedoch kaum noch etwas unternommen, weshalb ich natürlich viel vergessen hatte. Mit Sprachen gilt eben die Regel "Use it or lose it".
Nach einigen Tagen konnte ich bereits etwas Artikuliertes auf Italienisch sagen. Die Wörter, die ich früher gekannt hatte und dann vergessen hatte, kamen wie Wellen zurück zu mir. Und alle anderen Sprachen mischten sich nicht mehr ein.
Hier möchte ich auf zwei Dinge hinweisen:
- Sobald man eine Sprache auf ein solides B1-Niveau beherrscht hat, kann man sie nicht mehr vollständig verlernen. Die Grundlagen bleiben hängen, und man kann seine Kenntnisse jederzeit wieder auffrischen, natürlich mit einem gewissen Aufwand. Wenn man beispielsweise in ein Land reisen möchte, ist es ratsam, sich Serien in der Zielsprache anzusehen und vielleicht ein paar Konversationsstunden mit einem Muttersprachler zu nehmen.
- Das Gehirn brauch Zeit, um zwischen verschiedenen Sprachen umzuschalten. Als ob gibt es in unseren Köpfen Schalter, die je nach Kontext die entsprechenden Sprachen aktivieren oder deaktivieren. Manchmal kommt es bei diesem Wechsel zu einem Kurzschluss, wenn man sich in keiner der Sprachen angemessen ausdrücken kann. Sobald jedoch alle Schalter wieder richtig eingestellt sind, läuft alles problemlos weiter.
Was ich noch interessant finde ist, dass laut einiger Studien alle Sprachen, die wir kennen, in unseren Köpfen gleichzeitig aktiv sind. Das bedeutet, dass, wenn ich das Wort "Hund" sagen möchte, nicht nur "Hund" selbst, sondern auch "dog", "собака", "cane" usw. in meinem Kopf vorhanden sind. Das Gehirn blockiert in diesem Moment alle irrelevanten Sprachen und ruft nur diejenigen ab, die man gerade benötigt. Manchmal kommt es jedoch zu Fehlern in diesem Kontrollsystem, die zu einem Sprachmischmasch führen.
Übrigens fiel es mir genauso schwer, als wir von Italien zurück nach Berlin kamen, vom Italienischen ins Deutsche umzuschalten. Noch einige Tage lang sagte ich statt "Guten Tag" "Buongiorno" und statt "Danke" "Grazie".