Ich brauchte ca. 2,5 Wochen im Urlaub, um einen innerlichen Antrieb, etwas zu tun, zu bemerken. Überraschend für mich selbst hatte ich ziemlich plötzlich und zunehmend wieder Lust aufs Lesen, aufs Basteln, mich zu bewegen und etwas Neues auszuprobieren, auf ein Abenteuer. Vorsichtig stellte ich fest, dass ich wieder Freude am Leben hatte.
Ich kann mich nicht mehr erinnern, wann mein letzter Urlaub stattfand. Ich gehe davon aus, dass er zu lange her war. Die Arbeit war in letzter Zeit auch besonders stressig und unbefriedigend. So viel Zeit und meiner Gesundheit hatte ich darin gesteckt ohne kaum gutes Feedback, sogar umgekehrt hatte ich gelernt, dass mein befristeter Vertrag nicht verlängert wird. Ich hatte mich nach diesem Urlaub gesehnt und damit auch viel Hoffnung verbundet.
Mein Freund hat seinen Urlaub eine Woche früher angefangen, um an einem Wettbewerb in Sweden teilzunehmen. Am Ende seines Aufenthalts dort und als mein Urlaub losging flogen wir beide aus zwei verschiedenen Orten nach meinem Heimatland, wo ich seit knapp zwei Jahren nicht mehr wohne. Ich hatte aber ein mehrstündiges Layover in Helsinki geplant, um eine alte Freundin von meinen Studiumzeiten zu treffen, was ich rückblickend für eine fanstatiche Idee halte; sowas sollte ich öfter tun. Das Programm in meinem Heimatland habe ich mit Absicht nicht besonders voll geplant, weil ich wusste, dass wir der Erholung eine hohe Priorität eingeräumt hatten. Ich dachte, das ist mir mit nur ca. einer fixen Aktivität pro Tag gut gelungen. Mein Freund hat jedoch später erzählt, dass dieser Teil unseres Urlaubs viel zu intensiv für ihn war. Am ehesten hatte er von meinem Heimatland bzw. von einem für ihn neuen Land viel mehr Eindrücke, die er aufnehmen musste, als ich. Ich habe ihm nur einen Teil der für mich persönlich wichtigsten bzw. schönsten Orten und Leute gezeigt. Das war wahrscheinlich ziemlich egoistisch von mir, weil, während solche Interaktionen von mir kaum Energie benötigte, oder sie mir sogar etwas zurückgaben, waren sie für meinen Freund wohl anstrengend, besonders als ich die Wichtigkeit davon betonte.
Nächste Woche waren wir wieder bei uns zu Hause und mussten den eigentlichen Grund für unseren ausgedehnten Urlaub angehen und zwar hatten wir vor, die nur einige Gehminuten entfernte Wohnung, bessessen von der Familie meines Freundes, zu renovieren. Wenn es gemacht ist, konnten wir, wenn die aktuellsten Umstände es erlaubt, dorhin umziehen. Die körperlich anstrengende Arbeit von der Entfernung der alten Isolation und einige Wände hat mir gut getan. Wir haben die Sanierung nicht zu weit gebracht, aber das war schon zu erwarten, weil wir erstens keine Erfahrung mit solcher Arbeit haben und zweitens haben wir mehrere von den schönsten Tagen wandernd verbracht.
Diese letzte Woche hat ein Freund meines Partners beim Einbau der Isollation geholfen; ich bin ihm dafür sehr dankbar. Ich hätte keine Ahnung, wie und womit man anfangen sollte. Mittlerweile bin ich alleine wandern gegangen, war bei meinem Bruder und seiner Familie zu Besuch, habe Game of Thrones gelesen, habe auf dem Sofa sitzend eine seit langem angefangene Jacke weitergestrickt, bin Inlineskates gefahren und habe nachts auf meiner Holzterasse geschlafen. Als ich an einem Tag am Strand sonnegebadet habe und die Leute in der Gegend beobachtet habe, habe ich mir den Kauf eines SUPs überlegt und nachgedacht, wo ich ihn lagern und wie ich ihn transportieren würde.
Als dieser Urlaub begann, war der Sommer bei uns hier kaum erkennbar. Es regnete häufig, es war kühl und nass, und grau. Nun aber röten sich schon die Vogelbeere; seit meiner Kindheit ist es immer ein Zeichen gewesen, dass der Sommer langsam zu Ende geht. Er war aber schon und mein Urlaub ebenso.
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