Sehr geehrte Damen und Herren,
nachdem ich mit großem Interesse Ihre Diskussionsrunde zum Thema „Technischer Fortschritt“ im Radio verfolgt habe, möchte ich Ihnen auf diesem Wege meine Erfahrungen sowie meine Meinung zu einigen Aussagen der Teilnehmer zukommen lassen.
Spätestens seit der Erfindung der Dampfmaschine und der damit einhergehenden Industriellen Revolution im 18. Jahrhundert ist die Menschheit im technischen Zeitalter angekommen. Von den Zügen, Bussen und Pkw, mit denen wir zur Arbeit kommen, über die Heizsysteme, die uns im Winter warm halten, bis hin zu den mobilen Gadgets, mit denen wir kommunizieren, geht in der heutigen Welt nichts ohne Technologie. Ich stimme außerdem vorbehaltlos zu, dass der technische Fortschritt den gesellschaftlichen Fortschritt vorantreibt, denn gut eingesetzte technologische Entwicklungen machen es möglich, Ideen umzusetzen, die uns allen zugutekommen. In der Medizin hat man zum Beispiel in den letzten 30 Jahren durch Impfforschung über 20 tödliche Krankheiten vollständig ausgemerzt und bei etlichen anderen die Lebenserwartung drastisch erhöht.
Doch jede neue Technologie birgt auch Risiken, wie ein paar Ihrer Gäste zu Recht betonten. Die technischen Entwicklungen der Vergangenheit wurden im Vergleich zu den aktuellen relativ langsam eingesetzt, was eine Anpassung der Arbeiterschaft ermöglichte. So wurden im Laufe der oben erwähnten Industriellen Revolution aus Feldarbeitern unter anderem Fabrikarbeiter. Allerdings erschwert die moderne Beschleunigung des technischen Fortschritts eine solche Umverteilung der Arbeitsplätze erheblich, weswegen einige Experten in den kommenden Jahren einen dramatischen Anstieg in der Arbeitslosenstatistik befürchten. Sie warnen davor, dass Arbeitnehmer in Berufen wie dem Einzelhandel und der Güterbeförderung, die durch aktuelle Entwicklungen auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz gefährdet seien, oft nicht die Möglichkeit hätten, sich zu Informatikern oder einem anderen gefragten Beruf umschulen zu lassen.
Jedoch muss ich der in der Sendung vertretenen Vorstellung, dass der technische Fortschritt bei der jüngeren Generation zu einer Einschränkung emotionaler, kreativer oder sozialer Kompetenzen führen könnte, aus meiner eigenen Erfahrung deutlich widersprechen. Natürlich besteht die Gefahr, dass sich einige, hauptsächlich junge Menschen durch neue Technologien komplett von der Außenwelt abkapseln, aber man darf auch die positiven Aspekte dieser Entwicklungen nicht außer Acht lassen. Als Lehrer für Englisch als Fremdsprache habe ich in einer meiner Klassen einen hochbegabten Schüler, der allerdings einige soziale Schwächen hat und im herkömmlichen Unterricht stark unterfordert ist. In letzter Zeit haben wir aber mit einem neuen, speziell für den Unterricht entwickelten Chatbot experimentiert, der für eine deutliche Verbesserung seiner Konzentration gesorgt hat. Zudem ermöglicht der Bot ein gezieltes Training der sozialen Fähigkeiten durch das Üben spezifischer Alltagssituationen.
Abschließend lässt sich sagen, dass der technische Fortschritt sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich bringt, und dass jeder einzelne in der Pflicht ist, eine vernünftige Nutzung der neuen Technologien anzustreben. Ihre sehr gelungene Sendung hat mir in diesem Sinne definitiv ein paar interessante Denkanstöße gegeben, und dafür möchte ich mich herzlich bedanken.
Mit freundlichen Grüßen