Von den Benachrichtigungen auf unseren Handys über das E-Mail-Postfach bis hin zum Alarm, den wir für die nächste Videokonferenz stellen, werden wir auf der Arbeit von externen Reizen regelrecht überflutet. Die ständige Erreichbarkeit ist zu einem absoluten Muss geworden. Doch wie lassen sich diese Anforderungen auf unsere Gesundheit auswirken? Und wie können Arbeitgeber in diesem Kontext die Produktivität ihrer Mitarbeiter nachhaltig steigern?
Selbst im Urlaub gibt es in vielen Berufen keine adäquate Auszeit mehr. Im Zeitalter der Digitalisierung machen es verschiedene Online-Angebote möglich, jederzeit und von überall vernetzt zu sein. Leider scheint es jedoch seitens der Arbeitgeber einen Mangel an Verständnis zu geben, wenn es sich um den Einfluss der dauerhaften Erreichbarkeit auf unsere Entspannung handelt. Eine Studie der Universität Kiel zufolge schätzten Arbeitgeber, die mit Diensthandy in den Urlaub gefahren waren, ihre subjektive Erholung eine Woche nach der Reise durchschnittlich 58% niedriger ein, als diejenigen, die Urlaub ohne arbeitsbezogene Ablenkungen gemacht hatten.
Das Kritische daran ist, dass diese scheinbar anekdotische Erfahrung auf lange Sicht zu akuten physischen und psychischen Gesundheitsproblemen führen kann. 15% aller deutschen Arbeitnehmer haben innerhalb der letzten 24 Monate aufgrund Burnout-ähnlicher Krankheitssymptome einen Arzt zu Rate gezogen. Sie berichten von Kopfschmerzen, Essstörungen und chronischem Bauchweh und geben neben mangelhafter Erholung hohe Anforderungen an ihre Produktivität während der Arbeitszeit als wichtigste Belastungsquellen an. Laut Experten steht Letzteres in Zusammenhang mit dem aktuellen Fachkräftemangel in Deutschland: Da sich zu wenige Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt finden, müssen die vorhandenen Mitarbeiter die komplette Last eben allein tragen.
Die Gewerkschaften sprechen sich daher für eine fortschrittliche Lösung aus. Sie behaupten, dass höhere Wertschätzung, die sich konkret durch Jobsicherheit und bessere Entlohnung auszeichne, die Produktivität automatisch steigern würde. Dies würde somit ein sogenanntes Win-win-Geschäft darstellen, bei dem sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer stark profitieren würden.
Auch andere Ansätze, die das Wohlbefinden und die Zufriedenheit der Angestellten in den Vordergrund stellen, werden derzeit in Deutschland heiß diskutiert. Beispielsweise könnte eine Verkürzung der Arbeitswoche auf 30 Stunden laut Befürwortern für eine glücklichere, gesündere und sogar leistungsstärkere Arbeiterschaft sorgen. Allerdings stößt dieser Vorschlag vor allem in Branchen wie der Pflege und dem Einzelhandel auf Gegenwind. Hier müsse man nämlich mehr Menschen einstellen und zusätzliche Schichten einführen, um die aktuellen Öffnungs- oder Dienstzeiten beizubehalten.
Abschließend lässt sich sagen, dass die Herausforderungen der Digitalisierung sowie des Fachkräftemangels zu einem Umdenken in der Arbeitswelt führen müssen, welches das Wohl der Arbeitnehmer zur Priorität macht. Deshalb möchte ich an alle Arbeitgeber und Entscheidungsträger appellieren, sich diesem äußerst wichtigen Thema zu widmen.