Logik und Vernunft
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Logik und Vernunft

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Laut einer Studie sind 70% der Deutschen offen für Homöopathie, 20% zweifeln an der Rolle des Menschen im Klimawandel und 13% glauben an Hexerei. Selbst in unserer modernen, scheinbar von Vernunft regierten Welt nehmen Aberglaube, Magie und der Glaube an Übersinnliches doch noch einen sehr hohen Stellenwert ein.

Wissenschaftlern zufolge lässt sich unsere mangelnde Logik als unerwünschtes Nebenprodukt der Evolution verstehen. Unser Gehirn ist nämlich darauf ausgelegt, kausale Zusammenhänge zu identifizieren, auch wenn diese in der Realität gar nicht existieren. Wer in der Eiszeit eine bestimmte Pflanze einnahm und daraufhin eine Verbesserung seines Gesundheitszustandes feststellte, hatte bessere Überlebenschancen, wenn er daraus den Rückschluss ziehen konnte, dass diese Handlung zu seiner Heilung beitrug. Allerdings führt unsere hochentwickelte Fähigkeit der Mustererkennung oft auch zu falschen Schlussfolgerungen, weil das gemeinsame Auftreten zweier Faktoren nicht immer auf eine Kausalität hinweist.

Dabei ist es wichtig zu betonen, dass wir alle, inklusive der überzeugtesten Skeptiker, anfällig für solche Irrtümer sind: Schließlich sind wir so programmiert. Glücklicherweise sind wir unserer Biologie jedoch nicht komplett ausgeliefert. Wenn wir uns unserer Schwächen bewusst sind, können wir Maßnahmen ergreifen, um sie zu überwinden. Beispielsweise haben zahlreiche Studien belegt, dass das Spielen komplexer Brettspiele oder das Erlernen einer Fremdsprache kritisches Denken fördert. In diesem Sinne funktioniert das Gehirn wie eine Muskel, deren Funktion durch regelmäßiges Training optimiert werden kann.

Des Weiteren empfehlen einige Experten, unter anderem der Psychologe Daniel Kahneman in seinem Bestseller „Schnelles Denken, Langsames Denken“, schwierige Entscheidungen nicht zu überstürzen. Kahneman spricht von zwei grundverschiedenen Denksystemen: dem schnellen und von Emotionen getriebenen System 1 und dem langsamen und dafür logischen System 2. Er ist der Ansicht, dass viele unserer Denkfehler einer übermäßigen Abhängigkeit vom System 1 entstammen, woraus er die Schlussfolgerung zieht, dass man durch die bewusste Verlangsamung unserer Gedanken das System 2 aktivieren und damit zu logischeren Ergebnissen kommen könnte.

Auch unsere Schulen und Universität müssen eine zentrale Rolle spielen. Gerade im Zeitalter der Digitalisierung, in dem wir im Bruchteil einer Sekunde jegliche Information per Mausklick abrufen können, gelten Vernunft und Denken als unsere wichtigsten Werkzeuge. Daher sollten unsere Bildungsinstitutionen ein besonderes Augenmerk auf die Vermittlung von logischen Denkprozessen sowie die Einordnung und Bewertung von unterschiedlichen Quellen richten. Schülern und Studenten sollten Methoden an die Hand gegeben werden, die es ihnen ermöglichen, zuverlässige Informationen von unzuverlässigen oder irreführenden zu unterscheiden.

Um den größten Herausforderungen unserer Zeit gerecht zu werden, müssen wir zu einer Gesellschaft werden, die im kritischen Denken versiert ist. Denn genauso wenig wie mittelalterliche Hungersnöte von Hexen verursacht wurden, werden Homöopathen die nächste Krebstherapie entwickeln und Klimaskeptiker Gesetze erlassen, die für eine nachhaltigere Welt sorgen.

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