Deutsch: einzigartig kreative Sprache.
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Deutsch: einzigartig kreative Sprache.

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Aus dem Buch Älternzeit von Jan Weiler:

Von dieser Geschichte muss ich ein Leserbrief schreiben.

DEUTSCH: MEGA ODER MADIG?

Unsere Sprache gilt international als teuflisch kom-pliziert. Mark Twain wird das Bonmot zugeschrie-ben, dass nur Tote Deutsch lernen könnten, weil sie die Einzigen seien, die dafür genug Zeit hätten.

Das kann schon sein. Nicht einmal die Deutschen können Deutsch, und viele von ihnen haben den Gebrauch daher inzwischen stark eingeschränkt, zum Beispiel in der RTL-Show »Deutschland sucht den Superstar«. Das dort am häufigsten verwendete Wort lautet »mega« und ersetzt selbst längere Texte.

Entscheidend für den Sinnzusammenhang ist bei »mega « nämlich nicht mehr die Einbettung in ganze Sätze, sondern in Mimik. Dabei erscheint wichtig und irritierend, dass derjenige, der in dieser Sendung am häufigsten »mega« sagt, überhaupt keine Mimik mehr besitzt. Dieter Bohlen sieht inzwischen aus wie eine geliftete Sultanine mit Toupet.

Das Gegenteil von » mega « bildet ein sehr hübscher Begriff, der oft von Nick und seinen Freunden gebraucht wird. Wenn denen etwas nicht ge-fällt, wenn was nicht gut läuft, schlecht aussieht oder nicht schmeckt, dann nennen sie es: madig.

Das mag ich gern, weil es ein uraltes Wort ist und so schön bildhaft. Madig finde ich mega.

Jedenfalls ist Deutsch ziemlich schwer, Damit meine ich nicht die Merkwürdigkeit, dass der Bayer »der Butter« sagt, wenn er die Butter meint. Oder dass der Hamburger gerne denglisht, dass er »et-was nicht erinnert und sich dabei nicht daran erinnert, dass »erinnern« ein reflexives Verb ist und daher ein Reflexivpronomen erfordert, in diesem Falle » sich «. Das kann man aber als regionale Schrulle beiseitelegen. So was gibt es anderswo auch.

Wirklich kompliziert wird es bei unserer Gramma-tik. Einmal erklärte mir ein italienischer Freund, man müsse in Gesprächen mit den Deutschen immer so nervtötend viel Geduld haben, weil bei uns das entscheidende Verb immer erst am Schluss komme.

Das stimmt: Der Satz »Ich wollte dich eigentlich schon immer von ganzem Herzen mal so rich-tig« entfaltet seine Wirkung erst ganz am Ende, denn dann schließt der Satz mit einem Verb. Aber mit welchem, liebe Fremdsprachler? Tja, da muss man schon bis zum Schluss dranbleiben. Deutsch ist die Sprache des eleganten dramaturgischen Cliffhangers. In diesem Falle entscheide ich mich für » einladen «. Ich könnte aber auch » verprügeln« sagen. Diese für den Fortgang der Konversation nicht ganz unwichtige Information erhält man in anderen Sprachen ziemlich am Anfang eines Satzes und kann schon einmal wahlweise lächeln oder die Beine in die Hand nehmen.

Dann natürlich die Artikel. Nicht nur, dass es drei sind. Es sind dann auch für die gleichen Substantive nicht verlässlich genau dieselben wie beispielsweise in den französischen Wortentsprechun-gen. Bei den Franzosen ist der Mond weiblich und die Sonne männlich. Gut, auch nicht verrückter als der Butter aus Berchtesgaden. Aber kaum zu lernen, nicht einmal für Holländer, denn selbst die haben in ihrer mit der unseren verwandten Sprache für manche Dinge andere Artikel. Es ist auch unmög-lich, einem Italiener zu erklären, dass »das Mäd-chen« sächlich ist, wo Mädchen doch so was von eindeutig und glücklicherweise weiblich sind. Und wenn er das endlich mühsam gerafft hat, muss er außerdem noch kapieren, dass es in der Mehrzahl»die Mädchen « heißt, was aber keineswegs bedeu-tet, dass diese nun plötzlich weiblich wären. Was sie von Natur aus natürlich sind, aber nicht gram-matikalisch, auch nicht, wenn sie zu zweit sind. Der Artikel für mehrere Mädchen lautet bloß die, was aber mit dem Geschlecht nichts zu tun hat. Ach. Es ist zum Verzweifeln. Italiener schauen immer ganz mitleidig, wenn wir Deutschen es uns mit den einfachsten Dingen so schwer machen.

Dabei ist Deutsch in Wahrheit eine wundervoll bildhafte, eindgartig kreative Sprache. Nirgends auf der Welt gibt es so schöne Wortkompositionen wie bei uns. Man kann sie einfach nach Bedarf zusammenstecken und erhält zauberhafte Ergebnisse. Zum Beispiel Knorpelregister. Oder Besteckschölde. Oder Schlitzstapler. Oder Pfirsichnoppe. Eines dieser vier Wörter habe ich mir übrigens nicht ausge-dacht. Eines gibt es wirklich. Ich sage aber nicht, welches. Es ist jedenfalls mega.

Solingen, den 14. März, 2023prache.

Titel: Deutsch: einzigartig kreative Sprache.

Sehr geehrter Herr Weiler,

Ihre Geschichte, Deutsch: Mega oder Madig? Aus dem Buch Älternzeit, habe ich mit großer Begeisterung gelesen. Sie spielen im Text darauf an, wie die deutsche Sprache kompliziert und auch im Vergleich zu anderen Sprachen zum Beispiel Französisch, wundervoll, bildhafte, einzigartig, kreative Sprache ist. Ich habe auch diese Erfahrung gemacht, dass ich manche Wörter und Sätze unglaublich sinnlos in der deutsche Sprache finde und es keine Erklärung mehr gibt. Warum ist so, weil das so ist oder weil es so schöne Wortkompositionen in der deutschen Sprache gibt, die ich mir nie in meinem Leben vorgestellt habe.

Was Ihr Urteil über der RTL- Show-Deutschland sucht den Superstar und was die Menschen sagen oder wie aus sehen zum Beispiel Mark Twain betrifft: Ganz meine Meinung!. Dazu möchte ich Ihnen folgendes mitteilen, dass ich überhaupt nicht schön finde, die Wörter, die man in einer Show benutzt Wie Mega und die Ästhetik von Menschen eine Grenze hat.

In der Hoffnung, dass es noch weitere Artikel oder Geschichte zu diesem Thema geben wird, muss ich einfach sagen, dass es mega und nicht madig war.

Mit freundlichen Grüßen

Leslie Suarez

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