Rezi: Gewaschen, gefüttert, abgehakt: Der unmenschliche Alltag in der mobilen Pflege
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Rezi: Gewaschen, gefüttert, abgehakt: Der unmenschliche Alltag in der mobilen Pflege

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(korrigierte Version)

Sozial und menschenwürdig ist gut, maximaler Profit und Arbeiter ausbeuten, die nicht mal Mindestlohn bekommen, ist viel viel besser.

"Gewaschen, gefüttert, abgehakt: Der unmenschliche Alltag in der mobilen Pflege" von Markus Breitscheidel ist das Ergebnis von einem Jahr Undercoverarbeit in der ambulanten Pflegebranche, die er 2010-2011 in Berlin, Stuttgart, Hannover und dem Ruhrgebiet machte. Er beschreibt seine Ausbildung zum Hilfskrankenpfleger und sein Praktikum in Berlin, und dann die Realität des Jobs bei der Arbeitssuche, dem Anstellungsprozess, der Organisation der Firmen und in der Praxis. Oft gibt er ganze Gespräche mit Arbeitgebern, Betroffenen und Angehörigen wieder.

Was er herausgefunden hat:

Die meisten Arbeiter in der Branche werden durch Leiharbeitsfirmen zu täglich wechselnden Pflegeunternehmen geschickt, die ihnen dann nur 10-15 Minuten geben Alten, manchmal auch Demenzkranken, zu waschen und anzuziehen.

Die Zeit reicht absolut nicht aus, aber die Unternehmen wissen, dass "gute Menschen" solche Hilfsbedürftigen nicht einfach halbnackt auf dem Klo sitzend sich selbst überlassen werden, um zum nächsten "Kunden" zu hetzen.

Das Resultat: 3-4 unbezahlte Überstunden pro Tag nur um das vorgegebene Arbeitspensum zu bewältigen. Und weil Leiharbeit nicht an den Mindestlohn gekoppelt ist, verdienen Pflegekräfte oft nicht genug zum Leben. Stress, Burn-Out und Schikane bestimmt ihren Alltag. Ihre Menschenliebe wird aufs brutalste ausgenutzt (unter anderem).

Und das in einer Branche, die händeringend Personal sucht (und kein Wunder, dass sie niemanden hierzulande findet).

Meinung:

Das Buch fußt sich fast ausschließlich auf Herrn Breitscheidels persönliche Erfahrungen. Das ist sein großer Vorteil, aber ich habe mehr Fakten und Infos aus anderen Quellen vermisst. Es ist nicht so, dass man ihm nicht glaubt, nur sind persönliche Erfahrungen eben persönlich und subjektiv, nicht statistisch oder wissenschaftlich. Eine Kombination von beiden wäre, dem schon an sich interessanten und aufschlussreichen Buch, zugutegekommen.

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