Die Worte brennen in mir. Sie steigen wie Galle in mir auf, drängen sich in meine Kehle und verlangen zornig danach, freigelassen zu werden.
Aber anstatt den Worten ihre Freiheit zu gewähren, meinem Zorn nachzugeben und meine Seele sich ausschreien zu lassen, presse ich die Lippen zu einer dünnen Linie und beiße die Zähne zusammen, um wie üblich alles in mir zum Schweigen zu bringen.
Die Stimme meines Vaters hallt in meiner Erinnerung wider: Sei geduldig, sei höflich, ignoriere dumme Beleidigungen.
Und wie ein braves Mädchen verbiete ich meinen Ohren zu hören, schaue um mich herum und entreiße meine Aufmerksamkeit dem Gespräch.
Zum tausendsten Mal schlucke ich meine Worte hinunter. Widerwillig ziehen sie sich zurück und hinterlassen dabei eine Art Kielwasser - wütend und bitter - in meiner Kehle.
Die Natur, meine alte Freundin, eilt mir zur Hilfe. Ich spüre die Brise, die sanft vom Meer hinüberweht, die winzigen Sandkörner, die sich an meine Füße schmiegen, die einsame Möwe, die traurig schreit ...
Meine Seele findet ihre verlorene Ruhe wieder und ich bin in der Lage, den Menschen ihre Dummheit ein weiteres Mal zu verzeihen. »Lass es gut sein«, sage ich leise zu mir selbst. Dann ein neuer Spruch, wie eine Ohrfeige:
»Alle Frauen sind hysterisch.«
Und noch bevor mein Gehirn es verhindern kann, schnellen die Worte zurück in meinen Mund und formen den Satz, den ich zischend über meine Lippen bringe:
»Was für ein verdammter Blödsinn.«
Zum ersten Mal verstummt die Gruppe. Einige schauen mich erstaunt an, andere schauen verlegen weg.
Und es wird mir endgültig klar, dass man sich derartigen Äußerungen stellen muss, dass Freundlichkeit weder gegen Ignoranz, Rassismus noch Machismo siegen kann, dass man Entschlossenheit, Widerstand und eine laute, kraftvolle Stimme braucht, um gegen solche widerlichen Ideen anzugehen. Aber vor allem sollte man eins nicht tun: Schweigen.